
Martin Staudenrausch, Bereichsleiter Technik, ist seit mittlerweile 33 Jahren bei der Firma Handtmann Maschinenfabrik in Biberach beschäftigt und verantwortet die gesamte Maschinenentwicklung von der Konstruktion bis zur Softwareentwicklung inklusive Serienbetreuung und Service mit über 120 Mitarbeitern. Vor einem Jahr haben wir von Kopfstark eine Workshopreihe entwickelt, um uns gemeinsam mit Martin und seinen Mitarbeitern auf den Weg zu machen, Projekte und Zusammenarbeit neu und agiler zu denken. In diesem Interview schildert Martin seine Beobachtungen und Gedanken, welchen Einfluss eine agilere Arbeitsweise auf Mitarbeiter, Führungskräfte und die gesamte Organisation hat.
Kopfstark: In einem unserer letzten Beiträge haben wir Deinen Mitarbeiter und Projektingenieur
Marcel Nusser interviewt. Was war aus Deiner Sicht der ausschlaggebende Punkt, sich mit diesem Thema Agilität zu beschäftigen?
Martin: Die Märkte in denen wir unterwegs sind und die Anforderungen an unsere Maschinen haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Der Anteil an Standardfunktionen nimmt immer mehr ab, wohingegen der Individualisierungsgrad steigt. Wir müssen schneller und flexibler auf neue Kundenanforderungen reagieren. Dabei spielen Faktoren wie „Time to Market“ und Innovationsfähigkeit eine sehr große Rolle. Für mich war klar: Wir müssen die Art und Weise wie wir zusammenarbeiten und Produkte entwickeln, agiler gestalten.
Kopfstark : Was genau bedeutet in diesem Zusammenhang „Agile“ für Dich?
Martin: Neben den oben genannten Punkten ist es für mich auch das Thema Verantwortungsübernahme innerhalb selbstorganisierter und interdisziplinärer Teams. Und auch wenn es merkwürdig klingt: Spaß bei der Arbeit zu haben ist auch ein Aspekt der Agilität für mich! Ich beobachte, dass ein Mehr an Verantwortung und Freiheit ein echter Motivationsschub sein kann.
Kopfstark: Das klingt spannend. Was meinst Du damit?
Martin: Naja, viele meiner Mitarbeiter sind dankbar für die Freiheiten, die sie in der Ausgestaltung ihrer Arbeit bekommen haben. Arbeitsabläufe die vorher strikt geregelt waren, sind jetzt deutlich flexibler geworden. Es ist spannend zu beobachten, welchen Motivationsschub das gegeben hat und mit wieviel Freude die Kollegen ihrer Arbeit nachgehen. Auf der anderen Seite bedeutet der Wegfall von Regeln und Vorgaben auch größere Unsicherheit. Dass muss ich als Führungskraft gut ausbalancieren. Agilität ist somit nicht nur ein Thema der Produktentwicklung, sondern ein echtes Kulturthema.
Kopfstark: Was kannst Du noch beobachten?
Martin: Neben unseren Endkunden ist der Kontakt zu unseren Tochtergesellschaften deutlich größer und intensiver geworden. Wir sind jetzt in der Lage, schon früh im Entwicklungsprozess den Kontakt zu suchen und um Feedback zu bitten. Darüber hinaus haben wir 2-3 neue Projekte gestartet, an denen schon jetzt ein schnellerer Fortschritt erkennbar ist. Bemerkenswert ist außerdem, dass eine Art Leuchtturm entstanden ist und ich aus ganz vielen Bereichen der Organisation positive Rückmeldung bekomme. Die bereichsübergreifende Kommunikation hat sich deutlich verbessert.
Kopfstark: Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen, Veränderungen zu initiieren. Du hast Dich ganz bewusst dazu entschieden, nicht alle Eventualitäten vorher durchzuplanen, sondern schnell ins Tun zu kommen, Fehler zuzulassen und Unsicherheiten auszuhalten. Würdest Du beim nächsten Mal etwas anders machen?
Martin : Gute Frage! Ich glaube nicht. Der Sog, der auch dadurch entstanden ist, dass die Kollegen die Veränderung und Arbeitsweise aktivmitgestalten konnten, war wichtig. Wenn wir vorher Rollen definiert und Prozesse eingeführt hätten, wer weiß, was dann passiert wäre. Wichtig ist es jetzt, am Ball zu bleiben. Wir haben einen ersten Schritt gemacht. Ein Selbstläufer ist das ganze trotz der positiven Energie nicht. Und natürlich hemmt uns derzeit die Corona – Pandemie durch die eingeschränkten Möglichkeiten in der Kommunikation und Zusammenarbeit, trotz aller digitalen Möglichkeiten.
Kopfstark: Du sagtest, dass agiles Arbeiten auch ein Kulturthema ist. Wo ist der Einfluss einer agileren Arbeitsweise auf die Unternehmenskultur besonders deutlich sichtbar?
Martin : Wie ich eben schon beschrieben habe, sollen die Teams mehr Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen. Teilweise sind das Entscheidungen, die früher Team- oder Abteilungsleiter gefällt haben. Hier ist ein Umdenken erforderlich, das wir geduldig begleiten müssen.
Kopfstark: Das Verständnis von Führung ist im Begriff sich zu wandeln. Würdest Du dem zustimmen?
Martin : Absolut. Führung bedeutet für mich, die Rahmenbedingungen und Strukturen zu schaffen, damit sich Mitarbeiter entfalten können. Das bedeutet auch, nicht mehr inhaltlich zu arbeiten, sondern strategisch. Bei einer agilen Arbeitsweise wird dieser Unterschied und auch die Bedeutung davon sehr schnell sichtbar.
Kopfstark: Was waren Deine ganz persönlichen Erfahrungen und Learnings in den letzten Monaten?
Martin: Bei aller Eigenverantwortung, Selbstorganisation und Freiheit, brauchtes Strukturen in denen sich die Menschen zurecht finden können. Diese Strukturen zu finden und verbindlich zu machen ist gar nicht so einfach, weil Menschen viele unterschiedliche Bedürfnisse haben, die auch gehört werden wollen. Mein Learning daraus ist, dass man eine Agile Arbeitsweise nicht einfach einführt, sondern sich damit auf eine Reise begibt. Die ist es aber unbedingt wert, gemacht zu werden.
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