In unserem Blogartikel vom 21.10. haben wir Antworten auf die Frage gefunden, welche Auswirkungen die erlebte Digitalisierung auf unsere Gesundheit hat.
Ariane Orosz, Autorin des Buchs " Stress ganzheitlich verstehen und managen: Trainingsmanual für Gruppen – mit neurobiologischen Grundlagen und integrativen Ansätzen " knüpft in diesem Blogartikel daran an und stellt eine kurze und wirksame Übung für mehr Regeneration und Erholung vor.
Hallo, wie geht es Ihnen gerade?
Finden Sie – jetzt und dort, wo Sie gerade sind - eine für Sie angenehme Körperhaltung. Nun fragen Sie sich selbst: «Wie geht es mir in diesem Moment? Was passiert gerade in mir?». Beobachten Sie, welche Körperempfindungen, Gefühlsregungen und Gedanken auftauchen. Sie können auch strukturiert vorgehen und mit Ihrer Aufmerksamkeit eine Reise durch Ihren Körper machen, beginnend bei Ihren Füssen, über Ihre Beine, Rücken, Bauch, Schultern bis zu Ihrer Nasenspitze. Stellen Sie sich dabei spezifische Fragen, wie: «Was passiert im Moment in meinem Körper? Wie sitze ich da? Wo spüre ich meine Atmung in diesem Moment? Spüre ich Impulse für eine Bewegung?». Erforschen Sie anschliessend Ihre Gefühls- und Gedankenwelt, indem Sie sich fragen: «Welche Gefühle kann ich in diesem Moment bei mir wahrnehmen? Wie ist meine Stimmung gerade jetzt? Was geht mir jetzt durch den Kopf? Welche Bilder, Erinnerungen und Pläne kann ich bei mir beobachten?». Seien Sie neugierig auf sich selbst und geniessen Sie es, in diesem Augenblick alles so sein zu, wie es gerade ist. Notieren Sie abschliessend ein paar Ihrer Wahrnehmungen in Stichworten in einem Tagebuch.
Diese Übung können Sie jederzeit mit unterschiedlichem Fokus und in beliebiger Länge durchführen.
So simpel sie ist, so gross ist ihre Wirkung. Sie aktivieren nämlich durch die Selbstwahrnehmung und – Achtsamkeit Ihren Parasympathikus, d.h. den Anteil Ihres autonomen Nervensystems, welcher für Regeneration und Erholung zuständig ist.
Unseren (Arbeits-) Alltag bestreiten wir vermehrt mit der Aktivierung des Gegenspielers des Parasympathikus, dem Sympathikus. Sobald wir «Leistung» erbringen müssen, wie beispielsweise beim schnellen Frühstück, dem nervenaufreibenden Arbeitsweg oder bei Herausforderungen bei der Arbeit oder in zwischenmenschlichen Beziehungen, mobilisiert der Sympathikus die für die Situation benötigte Energie und bewirkt leistungsunterstützende Körperreaktionen. Wenn wir jedoch den Sympathikus über längere Zeit zu stark beanspruchen, entsteht ein Ungleichgewicht zwischen dem Einfluss des Sympathikus und des Parasympathikus, was längerfristig zu stressbedingten Problemen führt. Deshalb ist es wichtig, den Parasympathikus regelmässig gezielt zu aktivieren, um ein gesundes Verhältnis zwischen Aktivierung und Erholung zu kultivieren.
Das Üben der Selbstwahrnehmung fördert auch die Wahrnehmung Ihrer Bedürfnisse. Besonders in Belastungssituationen geschieht es schnell, dass Bedürfnisse vernachlässigt oder gar nicht erst wahrgenommen werden. Dabei ist es gerade in Stressphasen wichtig, gut für sich zu sorgen. Wenn Sie es sich angewöhnen, sich regelmäßig selbst zu fragen: «wie geht es mir in diesem Moment?», werden Sie auch bei Stress Ihre Bedürfnissen besser wahrnehmen können. Wenn Sie sich dann fürsorglich sich selbst zuwenden, schütten Sie das Hormon Oxytocin aus. Oxytocin, auch bekannt als Kuschel- oder Bindungshormon, wird unter anderem bei liebevoller Zuwendung – sich selbst und anderen gegenüber - und bei angenehmen Sinneserfahrungen ausgeschüttet und reduziert die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol. Das heisst, Sie können durch die oben beschriebene Selbstwahrnehmungsübung Ihr autonomes und hormonelles «Anti-Stresssystem» aktivieren.
Nun, wie geht es Ihnen in diesem Moment?
Mehr über Ihren Parasympathikus
und Oxytocin und wie sie dieses Wissen in Ihrer Arbeit anwenden
können, erfahren Sie in meinem Buch:
Orosz, Ariane. «Stress ganzheitlich verstehen und managen: Trainingsmanual für Gruppen – mit neurobiologischen Grundlagen und integrativen Ansätzen». Hogrefe Verlag Bern, 2019
Literaturangaben
- Wolever RQ et al.: Effective and viable mind-body stress reduction in the
workplace: a randomized controlled trial. J Occup Health Psychol. 2012;17(2).
- Gerritsen R & Band G. Breath of Life: The Respiratory Vagal Stimulation Model of Contemplative Activity. Front Hum Neurosci. 2018 Oct 9.
- Uvnas-Moberg K & Petersson M. Oxytocin, a mediator of anti-stress, well-being, social interaction, growth and healing. Zeitschrift fur Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. 2005;51(1).